1. Grüner Polizeikongress im Bayerischen Landtag [E16001]
Zeitraum: 04.06.2016, 11:00 Uhr bis 18:00
Ort: München, Bayerischer Landtag
Ein Beobachter von PeaceWatch.de hat am von der Grünen Fraktion Bayern organisierten Polizeikongress teilgenommen. Die Veranstaltung verlief wie erwartet gewaltfrei und friedlich. Zwischen PolizeivertreterInnen, GewerkschafterInnen, PolitikerInnen und interessierten BürgerInnen wurden angeregt Diskussionen geführt. In verschiedenen Workshops wurden folgende Themen bearbeitet:
– Einsätze beim Fußball – die Polizei spielt mit.
– Hass im Netz – wie bewältigt die Polizei diese Herausforderung?
– Frauen bei der Polizei – immernoch Zukunftsmusik?
– Polizei am Limit – was muss sich ändern?
In einem Abschlusspodium wurden die Ergebnisse aus den Workshops zusammengefasst und diskutiert.
PeaceWatch.de brachte folgende Punkte in die Diskussionen mit ein:
1. Ein menschlicher, respektvoller und empathischer Umgang zwischen PolizistInnen und BürgerInnen ist die wichtigste Grundlage für Vertrauen in die Exekutive.
2. Eine Verbesserung der Außenkommunikation der Polizei ist dringend notwendig: kein Verstecken hinter Behördendeutsch, proaktives Zugehen auf potentielle Konfliktgruppen, Rechtsgrundlagen für eigenes Handeln erklären (z.B. bei Polizeikontrollen mit Hilfe eines Flyers).
3. Eine Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte ist unbedingt notwendig, um die Ausübung des staatlichen Gewaltmonopols kontrollierbar zu machen.
4. Interne Strukturen in der Polizei müssen Kritikfähigkeit und proaktives Handeln statt Korpsgeist, Zuständigkeits- und Hierarchiedenken fördern. Unter starren Strukturen leiden insbesondere die PolizistInnen selbst.
5. Eine Öffnung der Rekrutierungsstrategie für erfahrene Experten aus der Zivilgesellschaft (z.B. im Bereich digitale Medien, Kommunikation, Cybercrime) ist notwendig.
6. Eine neutrale Instanz zur Dokumentation von Konfliktsituationen und Mediation zwischen Polizei und Bürgern kann verlorenes Vertrauen wieder herstellen und Gewalt vermeiden.
Zusammenfassende Bewertung der Veranstaltung:
PeaceWatch.de begrüßt den Dialog zwischen den anwesenden Akteuren ausdrücklich. Während das Verhältnis zwischen Grünen und Polizei früher noch sehr angespannt und z.T. von Gewalt geprägt war, zeigte dieser Kongress, dass eine konstruktive Diskussion heute sehr gut möglich ist.
Eine weitere erfreuliche Entwicklung ist das Entstehen von politisch aktiven, polizeibezogenen Interessensgruppen und Vereinen in den letzten Jahren: So konnte PeaceWatch.de u.a. Kontakt zum Verein “POLIZEI GRÜN” und zum “Verein lesbischer & schwuler Polizeibediensteter in Bayern” sowie zu Polizeigewerkschaftsvertretern knüpfen. Die persönlichen Gespräche mit den Vertretern dieser Organisationen zeigen, dass Meinungs- und Persönlichkeitsvielfat in der Polizei zwar manchmal noch erkämpft werden muss, aber immerhin bereits in beachtlichem Maße Realität ist. Die genannten Organisationen leisten einen wertvollen Betrag zur Weiterentwicklung der Polizei im Sinne einer pluralistischen Gesellschaft.
Aus Sicht von PeaceWatch.de waren außerdem folgende Aussagen von Polizeivertretern besonders interessant:
– Die digtale Öffentlichkeitsarbeit der Polizei (z.B. im Bereich Social Media) stecke in vielen Bereichen noch in den Kinderschuhen, werde aber in den kommenden Jahren weiter ausgebaut. (Marcus da Gloria Martins, Pressesprecher Polizeipräsidium München)
– Die Polizei wolle die “taktische Öffentlichkeitsarbeit” (also beispielsweise den proaktiven Einsatz von KommunikationspolizistInnen zur Konfliktvermeidung bei Versammlungen) weiter ausbauen (Polizeidirektor Norbert Radmacher, Bayerisches Innenministerium)
– Bei beobachtetem polizeilichen Fehlverhalten können sich Polizeibeobachter und BürgerInnen direkt an das LKA Dezernat 13 (München / Nürnberg) wenden. (Norbert Radmacher)